Motivation ist grundsätzlich ein Prozess, der in unserem Alltag sehr relevant ist. Aber auch im Alltag unserer Pferde. Wir wünschen uns alle motivierte Pferde und sind selbst motiviert, unser Pferd auf gewisse Weise zu arbeiten. Aber warum eigentlich?
Motivation ist definitiert als Prozess, der handlungsleitend und aktivierend ist. Dieser Prozess beeinflusst das Setzen und Bewerten von Zielen und ist individuell sehr verschieden. Die Hauptfrage dabei ist: Warum ist ein Mensch oder Tier in gewissen Situationen bestrebt, mit Beharrlichkeit ein bestimmtes Ziel zu erreichen?
In der Psychologie gibt es diverse Herangehensweisen und Theorien zu diesem Thema und nicht überall herrscht Konsens, man könnte also endlos viel berichten. Ich versuche aber, mich kurz zu halten.
Schauen wir uns in Bezug auf den Menschen zunächst die Motivtheorie von McClelland (1985) an, nach der motiviertes Handeln durch das Streben nach positiven emotionalen Zuständen definiert ist. Wir unterscheiden dabei zwischen Leistungs-, Macht- und Anschlussmotiv, die in jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Das Leistungsmotiv ist dann wirksam, wenn das Handeln bewertet wird, zum Beispiel im Wettkampf oder bei einer Präsentation. Das Machtmotiv besagt, dass eine Person Macht über andere ausüben möchte. Menschen, bei denen dieses Bedürfnis stark ausgeprägt ist, genießen es, sich überlegen zu fühlen und haben häufig Angst vor einem Kontrollverlust. Das Anschlussmotiv ist sozial geprägt: Eine Person, bei der dieses Motiv stark ausgeprägt ist, möchte zum Beispiel zu einer Gruppe dazugehören und hat Angst vor Zurückweisung.
Das Schwierige daran: Nicht immer sind uns diese Bedürfnisse überhaupt bewusst.
Motivation kann aber auch dann entstehen, wenn wichtige Grundbedürfnisse nicht befriedigt sind. Für den Menschen sind das hauptsächlich Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit (Deci & Ryan, 1985). Weitere Bedürfnisse können laut Neobehaviorismus aber auch Nahrungsentzug, aversive Reize (etwas Unangenehmes loswerden/vermeiden wollen) oder attraktive Belohnungen (beim Menschen vielleicht Geld, beim Pferd wohl eher ein leckeres Futtermittel) sein (z.B. Miller, 1944, Mowrer, 1939, Tolman & Honzik, 1930). Das ist besonders für unsere Pferde relevant.
Konkret kann das bedeuten: Wenn zum Beispiel nicht genügend Futter vorhanden ist, weil beispielsweise kein Gras mehr auf der Wiese wächst, das Futter stark rationiert oder die Futterplätze begrenzt werden, kann das zu einem Zustand führen, in dem das Pferd Stress erlebt und motiviert ist, sein Grundbedürfnis der Nahrungsaufnahme zu stillen.
Es kann aber auch bedeuten, dass ein Pferd aufgrund von einem Futterreiz motiviert ist, eine Handlung durchzuführen (ein Aspekt des Clickertrainings) oder ein Verhalten nicht mehr gezeigt wird, weil das Tier gelernt hat, dass es dafür bestraft wird und es daher motiviert ist, die Strafe zu vermeiden.
Außerdem können wir noch zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterscheiden. Instrinsische Motivation entsteht in der Person selbst, wohingegen extrinsische Motivation nicht spontan auftritt, sondern durch externe, meist positive (An-)Reize entsteht (Deci & Ryan, 1985).
Welche Motivation ausgeprägt ist, kann also von diversen Faktoren abhängen: Was für eine genetische Veranlagung gibt es? Welche Lernerfahrungen hat die Person oder das Tier gemacht? Welche Belohnung verspricht man sich von dem Handeln?
Und welche Motivation ist jetzt „die richtige“? Wie so oft in der Psychologie kann man das nicht sagen. Es ist absolut situationabhängig, welches Motiv uns wann wofür hilft. Aber ein Grundlagenwissen darüber, warum Mensch und Tier so handeln, wie sie es tun, kann schon helfen, Verständnis für sein Gegenüber zu entwickeln.
Quellen:
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic Motivation and Self-Determination in Human Behavior. Berlin: Springer Science & Business Media.
McClelland, D. C. (1985). How Motives, Skills, and Values Determine What People Do. American Psychologist, 40, 812-825.
Miller, N.E. (1944). Experimental studies of conflict. In J.McV.Hunt (Ed.), Personality and the behavioral disorders (pp.431-465). New York: Ronald Press
Miller, N. E. (1948). Studies of fear as a acquirable drive: I. Fear as a motivation and fear-reduction as reinforcement in the learning of new responses. Journal of Experimental Psychology, 38, 89-101.
Mowrer (1939). A stimulus-response analysis of anxiety and its role as a reinforcing agent. Psychological Review, 46, 553-564.
Tolman, E.C. & Honzik, C.H. (1930). Degrees of hunger, reward and nonreward, and maze learning in rats. University of California Publications in Psychology, 4, 241-256.
© 2023 Carina Warnstädt
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